Eine Gitarre bauen mit Kindern im Kindergarten
In einer Welt, die von Konsum und Wegwerfkultur geprägt ist, gewinnt das Konzept des Upcyclings zunehmend an Bedeutung. Upcycling ist mehr als nur ein Trend – es ist eine lebenswichtige Praxis, die darauf abzielt, Abfall zu reduzieren, Ressourcen zu schonen und unsere Umwelt zu schützen. Durch die Umwandlung scheinbar nutzloser Materialien in neue und nützliche Produkte wird nicht nur die Lebensdauer von Gegenständen verlängert, sondern auch die Kreativität gefördert und ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit geschaffen.
Der Begriff „Upcycling“ wurde geprägt, um eine spezifische Form des Recyclings zu beschreiben, bei der Abfallmaterialien oder unerwünschte Produkte in hochwertigere oder künstlerisch ansprechendere Artikel umgewandelt werden. Im Gegensatz zum Recycling, das oft mit Energie- und Ressourcenaufwand verbunden ist, zielt Upcycling darauf ab, den Wert von Materialien zu steigern, indem sie in neue Kontexte gebracht oder umgestaltet werden.
Eine der grundlegenden Ideen hinter Upcycling ist es, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und die Menge an Abfall zu reduzieren, die auf Deponien landet oder verbrannt wird. Indem wir Gegenstände wiederverwenden und ihnen neues Leben einhauchen, verringern wir den Bedarf an neuen Rohstoffen und senken somit den ökologischen Fußabdruck unserer Konsumgewohnheiten. Zum Beispiel können alte Kleidungsstücke zu trendigen neuen Outfits umgestaltet werden, abgenutzte Möbel zu stilvollen Einrichtungsgegenständen oder leere Glasflaschen zu dekorativen Lampenschirmen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Upcyclings ist seine Rolle bei der Sensibilisierung für Umweltfragen und nachhaltigen Konsum. Indem wir uns bewusst dafür entscheiden, alte Gegenstände zu recyceln und zu verändern, setzen wir ein Zeichen gegen die Wegwerfkultur und zeigen, dass wir Verantwortung für unseren Planeten übernehmen. Durch die Teilnahme an Upcycling-Projekten oder den Kauf von wiederverwerteten Produkten unterstützen wir Unternehmen und Künstler, die sich für eine nachhaltigere Zukunft einsetzen. Es ist wichtig zu erkennen, dass Upcycling nicht nur eine Möglichkeit ist, Abfall zu reduzieren, sondern auch eine Chance, unsere Beziehung zu den Dingen um uns herum zu überdenken. Anstatt immer nach dem Neuesten und Modernsten zu streben, können wir lernen, den Wert von Dingen zu schätzen, die bereits existieren, und unsere Konsumgewohnheiten entsprechend anzupassen.
Die Geschichte der Cigar Box Guitars reicht relativ weit zurück. Der erste nachweisbare Beleg ist eine Radierung aus dem Jahr 1876, auf der zwei Soldaten auf einer kastenförmigen Geige spielen. Da die ersten handlichen Zigarrenkisten, wie wir sie heute kennen, um 1840 gebaut wurden, kann man davon ausgehen, dass die Entwicklung ab diesem Zeitpunkt begann.
Instrumente aus Zigarrenkisten waren damals ein Notbehelf, da sich kaum jemand ein richtiges Saiteninstrument leisten konnte. Die ersten Modelle waren auch viel primitiver als die heutigen. Meist wurde ein Besenstiel oder eine Leiste durch eine Zigarrenkiste gesteckt und das Ganze mit einer oder maximal zwei Saiten bespannt. An Mechaniken, Bünde oder gar Tonabnehmer war nicht zu denken. Vor allem Bluesmusiker benutzten diese Zigarrenkistengitarren, da sich viele kein Instrument leisten konnten, die Musik aber eine gute Möglichkeit war, an Geld zu kommen. Aber auch die Cigar Box Guitars entwickelten sich weiter und wurden mit Teilen von „richtigen“ Instrumenten verfeinert, die ab Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts schon leichter zu bekommen waren. Sie wurden auch mit mehr Saiten bespannt, um klassische Gitarrenstimmungen wie Open G oder Dropped D zu ermöglichen. Einer der wohl bekanntesten Spieler einer Cigar Box Guitar ist Bo Diddley. Er übernahm die eckige Bauform sogar für seine späteren E-Gitarren. Heute, im Zeitalter der High-End-Instrumente, wünschen sich viele Blues-Fans den rauen, ursprünglichen Sound zurück und bescheren der Cigar Box Guitar ein Revival. Die heutigen Versionen sind oft gut ausgestattet und bühnentauglich und können es in manchen Fällen durchaus mit anderen Gitarren aufnehmen. Hin und wieder tauchen aber auch sehr puristische Modelle auf. Auf jeden Fall ist diese Form des Saiteninstruments ein schöner Einstieg in den Gitarrenbau und macht viel Spaß beim Spielen.
Im pädagogischen Kontext fördert Upcycling das kreative Denken und Problemlösen. Kinder lernen, Ressourcen wertzuschätzen und entwickeln ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Die didaktischen Prinzipien nach Zeissner sind ein Ansatz, der die Selbstständigkeit und Eigenaktivität der Lernenden in den Mittelpunkt stellt. Sie betonen die Bedeutung des Erfahrungslernens, der Reflexion und der Anwendung von Wissen in praktischen Situationen. Im Rahmen des Zigarrenkisten-Gitarrenbaus ermöglichen diese Prinzipien eine Lernerfahrung, die sowohl individuell als auch gemeinschaftlich ist und die Kinder in ihrer Entwicklung ganzheitlich unterstützt. Bei solch einem Projekt kommen besonders die Prinzipien der Aktivität, Lebensnähe, Übung, Kindgemäßheit, Anschauung und Teilschritte zum Tragen.
Diese theoretischen Grundlagen bilden das Fundament für die praktische Umsetzung des Zigarrenkistengitarrenbaus im Kindergarten und zeigen, wie durch handwerkliche Projekte wichtige pädagogische Ziele erreicht werden können.
Die wichtigste Regel in Bezug auf das Instrument lautet: Es gibt keine Regeln. Ob das Instrument groß oder klein ist, ob es eine, drei oder vier Saiten haben soll, wie die Schalllöcher aussehen oder wie die Gitarre kreativ gestaltet wird, all das spielt keine Rolle. Am Ende wird ein Instrument entstehen, mit dem das Kind Musik machen kann, das individuell ist und dessen Bau und Nutzung eine freudvolle Erfahrung für das Kind darstellen sollen. Neben der taktilen Erfahrung während des Spielens, erfährt das Kind einen individuellen und einzigartigen Klang, denn jede Zigarrenkistengitarre klingt anders. Die unterschiedlichen Größen und Materialien, die individuelle Bauart und selbst die Art und Weise, wie das Instrument bespielt wird, laden zum Explorieren und Experimentieren ein.
Neben den pädagogischen Aspekten und dem theoretischen Fachwissen über das Instrument zählt vor allem der Spaß am Bauen eines eigenen, individuellen Instruments. Im Grunde ist es möglich, Gitarren aus allerlei anderen Materialien zu bauen. Beispielsweise aus Tetrapacks oder Schuhkartons, sowie jeglicher Art von Holzkisten. Zigarrenkisten haben sich aufgrund ihrer Beschaffenheit bewährt. Die meisten Zigarrenkisten bestehen aus Zedernholz, das leicht zu bearbeiten ist und sich hervorragend als Resonanzkörper eignet. Da der eigentliche Sinn einer solchen Kiste die Verpackung von Rauchwaren ist, gilt es, dies im Vorfeld abzuklären und bei Bedarf auf andere Materialien auszuweichen. Bei der Arbeit mit Kindern ist es ratsam, sämtliche Aufkleber, die in Bezug zu den Rauchwaren stehen zu entfernen. Die Schachtel kann auch kreativ gestaltet werden, um ihren früheren Zweck zu verbergen. Details zu den verschiedenen Materialien sind dem Bauplan am Ende dieser Arbeit zu entnehmen.
Ebenso wichtig wie die Kenntnisse über die verwendeten Materialien ist der richtige Umgang mit den Werkzeugen und anderen Behelfsgegenständen. Gerade bei elektrischem Werkzeug ist es wichtig darauf zu achten, dass man zum einen selbst bereits Erfahrung damit hat, zum anderen, dass es für die Arbeit mit Kindern geeignet ist. Mit einer Dekupiersäge sowie einem Akkuschrauber, wenn ausreichend Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, kann ein Kind unter Anleitung und Begleitung durchaus arbeiten. An dieser Stelle gilt es, Vertrauen in das Kind zu haben oder gegebenenfalls auf andere Werkzeuge auszuweichen, wie etwa eine Laubsäge. Auf jeden Fall ist eine erwachsene Person stets im Arbeitsbereich, um Verletzungen vorzubeugen, wenn nötig zu helfen oder Fragen zu beantworten. Steht kein eigener Arbeitsbereich zur Verfügung, kann man diesen schaffen, in dem man den Bereich mit Stühlen und Tischen abgrenzt, im Garten oder in anderen Räumen wie Ateliers arbeitet. Wie beim Bau selbst ist auch hier Kreativität gefragt.
Ich habe während meiner Praxiszeit mehrere Gitarren mit Kindern im Kindergarten gebaut. Dabei waren ein Kind mit diagnostiziertem ADHS und ein weiteres mit diagnostiziertem Autismus. Während ersteres besonders konzentriert und ruhig beim Bau mitwirkte, war das autistische Kind besonders kreativ beim Bespielen des fertigen Instrumentes. Außerdem schien es ihn im Falle eines Overload-Zustandes, also Panik-, oder Wutattacken zu beruhigen. Diese Erkenntnisse nutzten meine Pädagogin und ich für weiterführende Beobachtungen und Gespräche mit den Eltern.
Ein weiterführender Ansatz wäre den Bau und das Spielen des Instruments als therapeutisches Konzept zu nutzen.
Die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in Projekte wie den Bau von Zigarrenkistengitarren bietet viele Vorteile, die sowohl ihre Entwicklung als auch ihr Wohlbefinden fördern können. Es erfordert präzise Bewegungen und eine gute Hand-Augen-Koordination. Kinder mit motorischen Schwierigkeiten können durch diese Aktivität ihre Feinmotorik verbessern und neue Fähigkeiten erlernen.
Der erfolgreiche Bau eines Musikinstruments kann das Selbstvertrauen von Kindern mit besonderen Bedürfnissen erheblich stärken. Sie erfahren, dass sie in der Lage sind, etwas Wertvolles und Einzigartiges zu schaffen, was ihre Selbstwirksamkeit und ihr Selbstwertgefühl stärkt und sie erfahren soziale Inklusion. Sie werden Teil der Gruppe und können gleichberechtigt mit anderen Kindern interagieren, was für ihre soziale Integration von großer Bedeutung ist.
Es kann ein Projekttag organisiert werden, um den Kindern den Bau der Zigarrenkistengitarren näher zu bringen. Dazu gehört eine detaillierte schriftliche Planung, die alle benötigten Materialien, Werkzeuge und Anleitungen enthält. Die PädagogInnen spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Kinder und der Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufs.
Nach dem Bau der Gitarren ist es wichtig, den Prozess zu reflektieren. Dies kann durch Gespräche mit den Kindern über ihre Erfahrungen und durch das Sammeln von Feedback geschehen. Die Auswertung hilft, zukünftige Projekte zu verbessern und den Lernprozess der Kinder zu vertiefen.
Die fertigen Zigarrenkistengitarren können in einer kleinen Aufführung präsentiert werden, bei der die Kinder ihre Instrumente vorführen und die Musik genießen können. Dies bietet den Kindern eine Plattform, ihre Arbeit zu zeigen und stolz auf ihre Leistung zu sein.
Die praktische Umsetzung des Zigarrenkistengitarrenbaus ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernprozesses und bietet den Kindern die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in einem realen Kontext anzuwenden und zu demonstrieren.
Nun möchtest du vielleicht selbst deine erste Gitarre bauen. Der Bauplan eignet sich sowohl für den Privatgebrauch, als auch für die Durchführung im Kindergarten, der Schule, etc.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Bauen und beim Bespielen deines Instruments.