Hallo ihr da draußen!
Das Folgende ist keinesfalls eine Kritik. Auch keine Beurteilung. Lediglich eine Frage die ich mir stelle.
Sie lautet: “Können Kinder ihre Bedürfnisse in jeder Situation richtig einschätzen?” Ich versuche zu erklären, was ich meine. ich sehe immer wieder – und ihr kennt das – Kinder, die nicht aufs Klo gehen, weil das Spiel gerade interessanter ist. Schon geht es in die Hose. Manche wollen aus demselben Grund nicht essen, wenn die Mahlzeit serviert wird. Das sind die beiden gängigsten Beispiele aus meinem Alltag. Grundsätzlich kann und darf das sein. Pipi geht manchmal in die Hose und der Hunger ist manchmal nicht so groß, oder das Essen schmeckt womöglich nicht. Aber es geht um das Bedürfnis. Wenn das Kind jetzt gerade nicht essen will, aber dennoch Hunger hat – in den meisten Fällen ist das auch so – will man dem Kind natürlich nichts aufdrängen. Auf der anderen Seite muss der Alltag im Haus gemeistert werden und es ist eher nicht möglich, jedem Kind seine Mahlzeit zu individuellen Zeiten bereitzustellen. Jetzt stecken wir in einer Zwickmühle. Lasse ich das Kind aufgrund seines Bedürfnisses zu spielen weitermachen, mit dem Wissen, dass es wahrscheinlich hungrig ist? Oder aber hole ich das Kind zu Tisch und unterbreche das Spiel? Welches Bedürfnis steht im Vordergrund? Reicht es, wenn es sagt: “Ich hab’ jetzt keinen Hunger.”?
Da wir bedürfnisorientiert arbeiten, müssen wir also eine Entscheidung treffen. Eine, die oft nicht einfach zu treffen ist.
Ein anderes Beispiel:
Ein Kind will ausschließlich mit mir spielen. Es sucht kaum Kontakt zu anderen Kindern. Das Bedürfnis nach meiner Aufmerksamkeit ist also klar. Es will auch nicht, dass ich andere Kinder zu unserem Spiel hinzuziehe. Aber die Anderen wollen mitspielen. Oder benötigen aus anderen Gründen meine Aufmerksamkeit. Wessen Bedürfnis steht nun im Vordergrund?
Im Sinne des Kinderschutztes ist klar, dass Kinder ihre Bedürfnisse äußern dürfen und sollen. Unsere Aufgabe ist es, diese zu erkennen, zu berücksichtigen und ihnen nachzukommen. Aber ist das immer möglich? Ganz egal mit wem ich darüber spreche – mit Menschen die im Kindergarten arbeiten -, es scheint nicht so einfach zu sein. Ich glaube, man versucht an dieser Stelle das Beste daraus zu machen und findet Kompromisse. Wie immer ist Kommunikation der Schlüssel. Meistens funktioniert das auch.
An dieser Stelle fällt mir ein Satz ein, den ich irgendwo gelesen habe: “Manchmal müssen Bedürfnisse an die Gegebenheiten angepasst werden.” Ja, manchmal klingt das für mich durchaus logisch. Manchmal. Vielleicht ist es sinnvoll, manche Vorgaben eher als Richtlinien aufzubereiten, anstatt darauf zu pochen, sie um jeden Preis umzusetzen. Womöglich kann sonst mehr Schaden angerichtet werden, als man Gutes damit erreicht.